Donnerstag, 29. Mai 2014

Das Ende

...naja, ganz so dramatisch ist es nicht ;) Und doch ist das weinende Auge irgendwie größer als das lachende. Natürlich freue ich mich auch auf Zuhause, aber dort wartet auch das anstrengende (und nebenbei wesentlich schwerer zu bewältigende) deutsche Jurastudium auf mich. Ich werde es so vermissen endlich wieder gute Noten zu haben, nicht immer die große Wahrscheinlichkeit des Durchfallens mit mir rumtragen zu müssen, nachdem man eine Hausarbeit oder Klausur abgegeben hat und ich werde es auch vermissen, keinen so unkomplizierten, gleichrangigen Draht zu meinen Lehrern zu haben.
Ich hoffe einfach das mit der Anrechnung meiner Leistungen hier verläuft unkompliziert an meiner Heimatuni.

Ich muss sagen, so im Nachhinein verstehe ich auch nicht, warum Helsinki ein unbeliebterer Erasmusort ist als Oslo oder Stockholm.
Das Argument: "Es ist dunkel und kalt" zieht nicht, weil das auf Norwegen und Schweden genauso zutrifft. Das akademische Niveou ist gut, man lernt was. Klar die Preise sind hoch, aber das sind sie in Norwegen und Schweden mindestens genau so. Und was in dieser Hinsicht durchaus für Finnland spricht: man muss kein Geld wechseln. Euro passt und man braucht keine Kronen, wo man ständig umrechnen muss.
Tja, aber am Ende muss ich sagen- ZUM GLÜCK ist Helsinki das Stiefkind unter den Nordlichtern, denn nur so konnte es unter die Restplätze kommen, aus denen ich mir meinen Erasmusort ausgesucht habe. Wäre Helsinki nicht gewesen, wäre es wohl Paryerasmus und Surfen in Oviedo geworden. Klar- auch nicht schlecht, aber vom Ruf her wird Erasmus in Spanien eher belächelt als ernstgenommen. Das liegt vielleicht daran, dass man als Austauschstudent an spanischen Unis groß "ERASMUS" auf seine Klausuren schreiben soll, weil man dann leichter gute Noten bekommt. ...Hab ich jedenfalls so gehört. Dagegen wird einem in Helsinki die gute Note nicht geschenkt und man muss schon etwas geschafft haben, um die begehrten besten Noten 4 und 5 zu bekommen.

Ich könnte hier jetzt noch seitenweise weiterschreiben, aber im Prinzip würde ich dann nur das wiederholen was man in 1000 Erfahrungsberichten nachlesen kann, die von den Heimatunis derer im Internet veröffentlicht wurden, die vor mir hier waren.

Als Linda, meine Mitbewohnerin, abreiste, war sie total trübselig und sie und eine Freundin hätten in der Metro sogar geweint. Und ja, wenn solch ein Erlebniss zu Ende geht, ist das traurig. Aber wäre es nicht viel trauriger, wenn wir jetzt total froh wären, weil wir endlich wieder nach Hause dürfen? Dann hätten wir wirklich einen Grund traurig zu sein, weil wir Erasmus nicht als abenteuerliche, unwiederbringliche Erfahrung genutzt hätten. Dann hätten wir irgendwas ganz gravierend falsch gemacht.
Aber wir waren in Lappland und haben mit dem Samen Visa nachts um vier bei uns in der Hütte gesessen und über Rehntiere philosophiert. Ich saß mit Linda auf dem Heimweg im Bus, und wir haben die detailierteren kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Italien ergründet. Und, wie es sich für jedes Abenteuer gehört, gab es auch Tiefs: wie so oft, wenn ich mal wieder meinen Studienplan neuordnen musste, weil er von irgendeinem Umstand durchkreuzt wurde. Oder der lange, kalte, dunkle Januar, wo ich zu viel Zeit mit mir selbst verbracht hab und ich die erste Winterdepression meines Lebens ausstehen durfte. Aber ohne diese Kälte hätten Simon und ich nicht auf die Insel kommen können, wo es sich so anfühlte, als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt. Der Schnee knietief, die Wellen gefroren, umfassten die Steine und brachen sich selbst in eisigem Zustand daran. Der Himmel ganz schwarz, am Horizont das Licht eines einsamen Schiffes und hinter uns das schwache, rote glühen der Stadt. Ohne die Kälte und Dunkelheit, die so viele von Erasmus in Helsinki abschreckt, ginge auch der ganze Zauber verloren. Dann kann man auch Zuhause bleiben. Sicher und ohne Abenteuer.

So wie Erasmus in Spanien die Sonne braucht, braucht Helsinki sie eben nicht.

Allzu bald geht es für mich wieder ins gewisse, vertraute Zuhause, daher ist das auch der letzte Post dieses Blogs.
Ich danke allen, die diesen Blog gelesen und sich für meine Zeit hier interessiert haben. Erasmus in Helsinki by Fabi ist damit offiziell beendet. 

Samstag, 17. Mai 2014

Kopenhagen

Tja, was gibt es zu sagen? Reisen ist anstrengend ;) Jetzt, da die letzten Noten raus sind und der Abschied von Finnland näher rückt, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich überhaupt zurück nach Hause will. Wäre die Sprache leichter zu lernen und hätte ich nicht meine Lieben in Deutschland, würde ich wahrscheinlich gleich hier bleiben ;).
Lisa und Vera auf Pihlajasaari
Die Vera, Lisa (beide Österreich), Simon und ich waren nochmal auf Pihlajasaari und Turku. In Turku war ich ja zum ersten Mal und ich weiß, dass meine Heimatuni da auch mindestens zwei Erasmus- Plätze hat. Ganz ehrlich, wenn man da 10 Monate festsitzt kann man sich auch bedanken ;) Da gibts einfach gar nichts und der einzig schöne Teil der Stadt ist der Fußweg am Fluss entlang. Allgemein ist es einfach auch auffallend, wie sehr zweckmäßig die Städte in Aussehen und Versorgung sind- nicht besonders schön fürs Auge. Wenn man nach Finnland kommt, sollte man wegen der Natur kommen, nicht wegen der Zivilisation. Helsinki ist bisher die schönste Stadt, die ich in ganz Südwest- Finnland gesehen habe.
Aber nun zum interessanten Teil: Wir habens doch noch nach Kopenhagen geschafft.
Wir haben in einem Omena- Hotel gewohnt, das ist ein Kette, die kein Hotelpersonal unterhält, sondern alles über Zugangscodes regelt. ZB bekommt man einen Code, um das Hotel zu betreten, fürs Zimmer... einfach alles. Leider waren wir uns einig, dass unser Zimmer mit großer Sicherheit vor unserer Ankunft nicht wirklich gereinigt wurde. Ich bin nicht heikel- immerhin bin ich 6er- WGs gewöhnt, aber es war wirklich unangenehm. Gelbe Flecken auf den Bettdecken, die wir selbst beziehen mussten, breiter, schwarzer Belag unter dem Toilettenrand, Staub wohin das Auge fällt. Und von den 12qm für vier Personen, dem nicht vorhandenen Stauraum, unserem nicht funktionierenden Code für die Haustür und den Steckdosen ohne Strom fangen wir am Besten gar nicht erst an. Das Omena- Hotel in Kopenhagen ist leider nicht zu empfehlen.
 Allgemein war das Wetter ja nicht so berauschend. Aber es war lustig zu sehen, dass zum Beispiel immer noch der Countdown zum Eurovision Song Contest angezeigt wurde. Wir sind ja am 12. angekommen und das Finale war nur zwei Tage davor. In den Souvenirshops konnte man die passenden T- Shirts jetzt zum halben Preis kaufen- haha.
 Tja, und da sind wir. Lisa hat das sehr gut drauf mit dem Selbstauslöser ;)
 Und hier der berühmte Haften mit den bunten Häuschen. Etwas weiter vorne hat Hans Christian Andersen gewohnt, der Märchenbuch Autor.

 Da Dänemark ja eine Monarchie ist stehen hier auf dem Senatsplatz diese lustigen Wachen mit den hohen, schwarzen Fellhüten herum. Als es dann aber angefangen hat zu schütten und die Leute sich am Rande des Platzes unterstellen wollten, kam ein Polizist und hat sie vertrieben. Tradition hin oder her- eine Autorität (von der Polizei bis zum König), die ihre Bürger buchstäblich im Regen stehen lässt, finde ich arrogant und nicht zeitgemäß.

 Am zweiten Tag haben wir noch eine Bootstour durch die Kanäle der Stadt gemacht. Mir ist aufgefallen, dass das Klima in Kopenhagen viel wärmer ist, als ich von Skandinavien erwartet hätte. Die Natur ist hier schon viel weiter entwickelt, als zB in Helsinki. Daher kommt mit Kopenhagen nicht wie eine nordische Stadt vor, sondern eher zentraleuropäisch. Das betrifft auch die vielfalt an Läden. Wo es in Helsinki nur wenige verschiedene Ladenketten gibt, ist die Diversität in Kopenhagen immens größer (so, wie man es als Zentraleuropäer von jeder Hauptstadt in der Zivilisation erwartet).
Das Wahrzeichen der Stadt, die Meerjungfrau auf dem Stein, mussten wir uns hart erarbeiten. Am ersten Tag haben wir schon versucht sie zu sehen, wurden aber von drei Regengüssen davon abgehalten und haben irgendwann kehrt gemacht. Die Meerjungfrau liegt in einer Grünanlage etwas außerhalb des Zentrumskerns und ist eigentlich relativ klein. Trotzdem gibt es gefühlt 1000 Kühlschrankmagneten mit ihrem Bild drauf zu kaufen.


Dann am dritten Tag haben wir noch diesen Kirchturm erkommen.
Man kann auf einer Wendeltreppe hochlaufen, die außen am Turm entlang führt. Das war schon sehr speziell. Irgendwann, am höchsten Punkt, stand ich zwischen Geländer und Turmwand gequetscht da und hatte einen mega weiten Blick über die Stadt. Das Gefühl war schon leicht klaustrophobisch, also gings dann auch relativ schnell wieder an den Abstieg.
So sah das aus, wenn man runter geschaut hat- schon echt mal was anderes!


Und hier der Blick von ganz oben, über die Stadt.
Von diesem Kirchturm aus war es nicht mehr weit bis in den speziellesten Teil der Stadt im Viertel Christiania. 

 Am Eingang zur Pusher´s Street kommt man an diesem Kunstwerk vorbei und das lässt schon erahnen, dass das hier keine nomale Wohngegend ist.
Der Konsum "weicher Drogen" ist hier von der Stadt toleriert oder zumindest geduldet. Joints zu kaufen ist hier so, als würde man sich ein Brötchen besorgen.
 Auf der Hauptstraße dieses Gebiets ist es nicht erlaubt zu Fotographieren. Aber man kann sagen, dass die Atmosphäre Hippies, Freigeister und andere dieser Art offensichtlich anzieht. Hier ist nichts so, wie es der Standart vorsieht und niemand scheint sich an irgendwelche Normen zu klammern. Es ist ziemlich Heruntergekommen, vieles ist irgendwie abgebrochen und schmutzig, aber trotzdem bunt und lebendig. Solche Orte faszinieren mich total- einfach alles was "Normal" ist in den Wind zu schießen... irgendwie super. Auch wenn ich natürlich auch gegen den Konsum von Gras und dergleichen bin.
Tja, und wie ihr hier seht: Nur Freiheit ist heilig!

Bei mir hat sich jetzt noch Besuch in letzter Sekunde angemeldet: die Lea aus Freiburg. Da ich jetzt schon viele Vorbereitungen für meine Abreise teffen muss, muss ich sie da etwas einbinden, aber da muss sie halt durch ;)
Auch Mittsommer rückt näher und mittlwerweile muss es 23:00 werden, bis es ganz dunkel ist. Und morgens geht die Sonne nach meinem Gefühl schon um halb fünf wieder auf. In ungefähr einem Monat gibt es die "weißen Nächte", wo es in Helsinki die ganze Nacht über Dämmrig bleibt und wo in Lappland die Mitternachtssonne am Himmel steht. Schade, dass ich das nicht mehr miterleben werde.

Morgen gehts nochmal nach Tampere, dann kommt Lea, wir sehen uns noch Hanko an, sowie den Nuuksio nochmal und dann heißts: "Hei, Hei Helsinki!"

Montag, 5. Mai 2014

Vappu

So, also es ist schon Mai geworden. Mein letzter Monat hier... verrückt.
Die Uni hier ist jetzt auch geschafft, jetzt warte ich nur noch auf die Ergebnisse der Klausuren und Aufsätze und muss dann noch meine 1000 Formulare unterschreiben lassen.

Ab jetzt jedenfalls gehts los mit unserem Finnlandmarathon: Turku, Tampere, Porvoo, Nuuksio National Park, Pihlajasaari... das sind unsere Höhepunkte (ich war schon fast überall, wie ihr ja wisst). In Porvoo war ich dann drei Mal :D Aber Turku ist neu, auch wenn meine Mitbewohnerin Linda sagte, dass es nicht unbedingt zu den Must- Seens eines Finnlandaufenthalts gehört. Trotzdem- das wird sicher noch mal schön. Finnland im Sommer, oder Vorsommer ist einfach toll! Dann lerne ich Porvoo bei Minus und bei Plus zwölf Grad kennen.

Was auch ganz interessant ist: nächste Woche gehts nach Kopenhagen und die Hälfte der Reisegruppe, inklusive mir, hat noch keinen Flug gebucht, weil die Preise momentan fast schon wucherartige Züge annehmen. Naja, das werden wir dann noch diese Woche in Angriff nehmen.

Morgen werde ich erst einmal ausschlafen :D

Noch etwas Finnische Kultur:
Am ersten Mai war Vappu, ein großes Studentenfest. Ein Feiertag, der dem Ausnahmezustand nach zu Urteilen,  von seiner Wichtigkeit her direkt nach Weihnachten kommt. Nicht einmal am Nationalfeiertag am 6. Dezember haben die Leute so einen Aufstand gemacht.
 Der davor, also der 30.4, beginnt damit, dass Simon und ich nach einem Vortrag die Uni hinter uns lassen und losziehen, damit ich mir einen Luftballon kaufen kann (an der Uni war an diesem Tag um 14:00 Uhr niemand mehr bereit zu arbeiten). Ja, innerlich bin ich manchmal nicht älter als Fünf. Leider hat der pink, glitzernde Delfin fast zehn Euro gekostet, sonst hätte ich den genommen. So gabs halt eine Erdbeere.
 Als wir dann so im Zentrum der Stadt vor dem Stockmann- Einkaufszentrum waren, haben wir auf dem Platz diese zwei Mädels gesehen, die sich versuchen gegenseitig umzuschubsen. Sumoringen für menschliche Marshmallows in gelbem Plastik paraktisch ;) Das war lustig zu sehen, dass sich Leute freiwillig in aller Öffentlichkeit so zum Affen machen.
 Wir sind dann Richtung Hafen gelaufen, wo der Brunnen von Havis Amanda steht- diese Meerjungfrau. Das ist eigentlich direkt auf dem Platz, wo sonst der Touri- Markt ist. Jedenfalls wurde dort eine Bühne aufgebaut und Krähne installiert. Später werden wir wissen, warum.
Im direkt angrenzenden Esplanadin Park haben viele Leute Luftballons verkauft und viele saßen einfach auf den Bänken und haben dem Treiben zugesehen. Aber der Höhepunkt kommt noch.

Dann um 17:00 Uhr ging das Spektakel endlich los.
Die Waschung der Statue auf dem Brunnen. Weil es natürlich ein Brunnen ist, wurden die Leute, die die Ehre hatten, dieses Jahr waschen zu dürfen, an diesem runden Gestell in sowas wie Klettergürtel geschnallt und von einem Krahn von oben an die Statue herangeführt. Das Wasser kam aus einem Schlauch und traf häufiger die Studenten, als die Statue. Falls sich jemand über die bunten Hosen wundert: das ist eine speziell Finnische Sache. Jede Fakultät hat ihre eigene Farbe und Studenten tragen sie meistens zu besonderen studentischen Anlässen. Jeder reguläre Finnische Student hat eine. Wenn man möchte, kann man als Austauschstudent auch eine bekommen.
 Leider kosten diese unförmigen Overalls 40 Euro und man darf sie traditionsgemäß nicht waschen. Also gabs für mich keine. Aber ich habe zwei Freiburger, die mit mir hier sind, in solchen Hosen gesehen.
Die Studenten kleben alle Aufnäher, die sie während  ihrer Studienzeit bekommen auf diese Hosen, sodass jede Hose einzigartig aussieht. So kann man sehen, auf welchen Veranstaltungen der Besitzer der Hose schon war. Nebenbei, die Hose der Juristen ist Weinrot. Nachdem dann also die Statue gewaschen worden ist, und die Studenten dabei nasser geworden sind, als die Statue selbst (oberes Bild), hat es eine Stunde gedauert bis es weiter ging. Der Platz wurde noch voller, die Straße wurde gesperrt und es wurde ziemlich kuschelig in der Menge. Dann endlich kam die feierliche Eröffnung von Vappu, als einige andere Studenten wieder an dem runden Gestell in die Höhe gehoben wurden und erst sichselbst und dann der Statue eine weiße Mütze aufsetzten. Diese Mützen bekommen die Finnen, wenn sie ihre höchste Schule beenden, bevor sie dann zur Uni gehen oder eine Ausbildung beginnen.
 Vappu (also der Feiertag, der eigentlich einen Tag später ist) war also feierlich eröffnet worden. Dann sind alle auf den Senatsplatz geströmt und haben dort gefeiert, genau wie im Esplanadin Park.
Ja, und da sind wir. Die Lisa aus Österreich, der Simon und ich (mich schaut man auf dem Bild besser nicht so genau an...). Noch etwas: Heliumluftballons sind in großen Menschenansammlungen eher unpraktisch, wenn es stetig windet, weil der Ballon ständig irgendwelche Leute belästigt :D

Wir sind dann in ein Cafe gegangen, das nicht schon zu hatte und haben uns aufgewärmt. Es ist immer noch nicht warm hier.

Am eigentlichen Tag von Vappu war es dann wirklich kalt und es hat geregnet. Das traditionelle Picknick im Kaivopuisto haben wir also ausfallen lassen und stattdessen an irgendwelchen Sachen für die Uni gearbeitet. Ich denke die meisten anderen Studenten mussten auch erst einmal wieder nüchtern werden, weil die ganze Nacht noch gefeiert wurde. Aber wer weiß, vielleicht waren sie noch betrunken genug, um beim Picknick im Park den Regen nicht zu bemerken. Hallo Lungenentzündung!- Aber egal!

Linda hatte am Wochenende noch Geburtstag und es gab ein Überraschungs- Abendessen. In einer Woche fliegt sie schon nach Hause... so bald schon :( ! Und ihr Dauergast, unsere ungebetene Mitbewohnerin, zum Glück auch ;)

Falls ich doch noch einen Flug nach Kopenhagen bekommen habe und nicht im Tretboot hinfahren musste, seht ihr das im nächsten Post!

Dienstag, 29. April 2014

Frühling

Vappu steht vor der Tür. Vappu, das große Studentenfestival auf das alle schon seit Wochen hinfiebern. Der große Ausnahmezustand erstreckt sich von 17:00 Uhr am 30.04. bis an den Abend des 01.05. Es gibt die traditionelle Waschung einer Statue am 30. und das allgemeine Picknicken am 01. und dazwischen natürlich die Partynacht. Kaufhäuser haben sogar extra einen Teil des Gebäudes darauf ausgerichtet Luftballongs zu verkaufen... in allen Variationen.
Aber bevor dieses Spektatel morgen beginnt muss ich sagen: Es ist endlich Frühling geworden!
Nicht, dass es deswegen besonders warm wäre, aber immerhin wachsen die Blätter an den Bäumen und Blumen sprießen.






















 Heute und gestern hatten Simon und ich ein Seminar im Hauptgebäude- alt ehrwürdig mit Stuck an den Decken und Wänden. Wirklich sehr schön. Das Ungewöhnliche hier ist, dass im obersten Stockwerk, wo wir Unterricht hatten, extrem viele Statuen herumstanden. Sie sahen sehr römisch/griechisch aus und waren nicht aus Stein, sondern aus weiß gestrichenem Metal. Diese Dinger standen an den Flurwänden, wie Jackenständer und das lässt natürlich die Vermutung zu, dass sie nicht nur Dekoration waren. Vielleicht war ja die Fakultät für Kunstgeschichte in der Nähe. Ich war noch nie zuvor auf diesem Stockwerk, weil wir sonst die aller meisten Veranstaltungen in einem anderen Gebäude haben. Da war das schon interessant.

 Und sonst? Naja, es geht zu Ende! Also mein Auslandsjahr. Meine Vermieterfirma HOAS hat mich schon zwei Mal daran erinnert, wie ganz genau dich die Wohnung vorm Auszug zu säubern habe usw. Dass sie mir den Putzlappen nicht auch noch persönlich in die Hand drücken ist grad alles. Heute sind auch meine beiden letzten Jura- Kurse zu Ende gegangen. Jetzt fehlen nur noch ein kurzer Aufsatz und eine Französischklausur (nächsten Montag) und dann bin ich frei, frei, frei! Dann muss ich mich nochmal mit dem abschließenden Papierkrieg auseinandersetzen, was kein Problem wird, WENN alle meine Lehrer meine Noten bald in mein Onlineregister eintragen. Kaum zu fassen, was meine Heimatuni alles nachgewiesen haben will... Und wie lange Menschen brauchen können, um Klausuren und Aufsätze zu korrigieren.

Tja, viel mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen, außer der Topsensation, dass meine Karriere an der Uni Helsinki fast vorbei ist und dass bald das Programm "Awesome May" hochgefahren wird. Im Mai wollen Simon, zwei österreichische Freundinnen und ich nochmal Südfinnland unsicher machen und noch nach Kopenhagen.


Dienstag, 8. April 2014

St. Petersburg

Ja, es ist schon wieder einige Zeit vergangen und abgesehen von der Tatsache, dass ich schon wieder meinen halben Studienplan neu ordnen musste, ich eine ungebetene zusätzliche Mitbewohnerin bekommen habe und in St. Petersburg war, ist nichts passiert. Oh, doch, ich habe heute das erste Mal in meinem Leben freiwillig und nicht nur anstandshalber Rosenkohl gegessen. Eine Premiere! (ja, ich weiß, das sind Informationen, die die Welt interessieren :D )
Die Sache mit der Mitbewohnerin nervt, weil Linda (eigentlich die angenehmste Mitbewohnerin, die ich je hatte) ihre beste Freundin hier in Helsinki bei uns einquartiert hat und ich diese Freundin auch kenne und nicht besonders mag. Linda hat weder gefragt noch angekündigt, dass jemand zu uns zieht, daher bin ich etwas angenervt. Ülane geht es genau so, das schreit nach einer Krisensitzung. Ich hasse so was, weil Linda eigentlich meine Freundin ist.

Was meine Vorlesungen hier angeht ist jetzt alles wieder okey, aber kurzfristig ist mal wieder alles den Bach runter gegangen... Ich hatte einen Mega- Anfall.

Aber nun zum interessanten Teil: Russland. Drei Tage, für die wir kein Visum brauchten. Es waren wieder die üblichen Verdächtigen: Linda, Eliana (beide Italien), Andrea und Cristina (Spanien) und ich.
Wir sind mit der St. Peterline gefahren, also einer Fähre, ähnlich denen, die nach Tallinn fahren. Diesmal hatten wir auch Kabinen und so weiter, weil wir über Nacht gefahren sind. Weil es Vierer- Kabinen sind
habe ich in einer anderen Kabine geschlafen und mal wieder ein paar Deutsche getroffen- aus Karlsruhe.
Hier auf dem Bild könnt ihr sehen, wie riesig die Kabinen waren ;) 9 qm, inklusive Bad. Zwei Betten unten, zwei konnte man von der Wand klappen. Auf dem Schiff gab es einen Laden, zwei Bars, ein Sushi- Restaurant, ein Casino...
Und unten im Bug haben sich vor der Abfahrt ganze LKWs, Reisebusse und viele Autos eingeladen. Schon verrückt, wie so was noch schwimmt...
Und dann war es tiefe Nacht, und weil auf dem Schiff der Alkohol günstig war, waren natürlich alle betrunken... Naja, das ist wohl ein ganz normales Phänomen, wenn man von Finnland aus fährt, wo der Alkohol Unsummen kostet.
Als wir dann in St. Petersburg angekommen waren und im ersten Souveniershop standen, wusste ich auch, was ich kaufen wollte: Eine Matrioschka. Also diese lustigen Holzpuppen, die man hier sieht. Sie waren tatsächlich nicht ganz günstig, obwohl es so viele davon gab, aber sie waren teilweise wirklich Kunstwerke.
 Wir sind dann weiter ins Hotel gefahren
und, weil die anderen gloreicherweise so müde waren, dass sie gleich mal verschlafen haben, bin ich am Abend alleine ins Stadtzentrum gelaufen. Die Nevski- Prospekt ist eine der größten Straßen der Stadt, vermute ich mal. In einer ihrer Seitenstraßen stand die "Kathedrale des vergossenen Blutes", weil bei ihrem Bau so viele Leute gestorben sein müssen. Trotzdem ist sie wunderschön. Die russisch- orthodoxen Christen verkünsteln sich immer sehr bei ihren Gotteshäusern.
Hier auf dem Bild kann man die Stromleitungen sehen, die in der Stadt offensichtlich größtenteils oberirdisch verlaufen. Naja, das ist Technik, von der ich dachte, dass sie in solchen Metropolen nicht mehr vorkommt... Es gab noch einige andere Unterschiede, die mich überrascht haben: Rauchen in Restaurants ist immernoch erlaubt. Werbung durch Megaphons oder Lautsprecher an Häusern ist auch kein Problem, genau so, wie jeder immer und überall Flyer verteilen darf. Auch in der Metro ist Werbung durch Händler erlaubt. Und Russen scheinen wirklich unfreundlich zu sein. Kellner, Leute auf der Straße, die einen halb umrennen, Metro- Fahrkartenverkäufer, Leute, die sich um die Jacken an Museumsgarderoben kümmern... und natürlich kann kaum jemand auch nur ein Wort Englisch.
Naja, jedenfalls haben wir uns dann später in der Stadt getroffen, nachdem alle wach waren und sind dann später irgendwann in ein typisch russisches Restaurant eingefallen. Es gab die russische Spezialität Borsch, die auch schon Maria einmal für uns gemacht hatte.

 Etwas früher am Abend haben wir noch den stadtältesten Süßwarenladen gefunden. Das Gebäude selbst sah schon herrschaftlich aus und die Schaufenster waren bunt beleuchtet.
Innen war alles sehr edel ausgestattet. Goldmaserung an den Decken, spezielle Vorhänge, alles glitzerte und funkelte gläsern, ein Pianist spielte auf einem Klavier, Schokolade und Torten stapelten sich in Vitrinen, auf Tischen und Regalen.


Und in der Mitte des Raumes prangte eine riesige Ananas. Ananas in Russland? Deswegen, weil sich der Laden nach seiner Gründung darauf spezialisiert hatte, die Reichen der Stadt mit Luxuswaren zu versorgen, also auch mit exotischen Früchten. Diese Absicht kann man immer noch sehr gut nachvollziehen, wenn man das Geschäft betritt.

 Am nächsten Tag stand ein Besuch im Eremitage- Museum an. Ein Kunstmuseum von Weltrang... was ich aber vorher auch nicht wusste. Ja, mir ist aufgefallen, dass ich ein absoluter Kunst- und Kulturbanause bin, weil ich keinen blassen Schimmer von Kunstinterpretation habe. Es muss einfach nett aussehen, dann mag ich es. Sonst einfach nicht.
Daher werden Picasso und ich nie Freunde werden.
 Das Eremitage ist einmal der Winterpalast der Zarenfamilie gewesen, daher der ganze Prunk. Überall glatter, weißer Marmor und vergoldeter Stuck.
 Und hier noch die Highlights der Kunstwerke, die ausgestellt wurden. Hier links, na, wer erkennt den Künstler? Leonardo Da Vinci, richtig! Zwei von seinen zehn Werken hängen hier im Museum. Und er hat als erster begonnen mit Öl zu malen.
 Das hier rechts ist von Rembrandt. Es wird von einer Glasplatte im Rahmen geschützt, weil vor einigen Jahren mal ein Besucher nach dem wertvollsten Gemälde gefragt hat. Als der Führer keine so rechte Antwort darauf wusste, weil man ja jedes Gemälde schätzen lassen müsste, hat er gesagt, dieses hier sei zweifellos sehr wertvoll. Der Besucher hat Säure draufgeschüttet und ein Großteil des Werks musste restauriert werden.
Gemälde von Monét haben wir auch gesehen und das hier links ist mein Liebling. Nicht nur, weil ich es ganz besonders schön finde, sondern auch, weil es mich an das Schlafzimmer meiner Großmutter erinnert, wo ein gerahmtes Plakat davon hing, bevor sie in ein anderes Haus gezogen ist. An dieser Stelle: Hallo, Oma! :)
An diesem Tag hat es leider fast Bindfäden geregnet. Die anderen vier haben eine Kirchen- Tour gemacht, ich bin etwas durch die Stadt gezogen und habe mir eine Matrioschka gekauft. Als meine Socken nass und meine Beine müde waren, bin ich zurück zum Hotel, um ein Nickerchen zu machen.













Am Abend hatten wir noch ein typisch russisches Abendessen mit volkstümlicher Show gebucht. Es gab mal wieder Borsch, aber das ist leider auch das einzig Gute, was man zum Essen sagen kann. Ich fürchte, dieses Abendessen war nur eine sehr magere Ausgabe davon, was die Russische Küche zu bieten hat. Lustig war allerdings die Show. Es waren zwei Frauen und ein Mann mit Akkordion, die erst Volkslieder sangen und uns später bei russischen Volkstänzen zum Mitmachen animiert haben. Das hat den Abend gerettet. Danach wurde, wie schon am Abend zuvor, angeboten feiern zu gehen, aber wir waren jeden Abend total k.o. Der Typ, mit dem ich mein Doppelzimmer im Hotel teilte (wir waren ja zu fünft unterwegs, also musste einer mit einem Fremden ins Zimmer), kam jeden Abend erst spät in der Nacht ins Zimmer. Keine Ahnung, wie er das geschafft hat.

 Am dritten Tag mussten wir wie immer früh raus, das tolle, große Frühstück genießen, auschecken und es ging zum letzten großen Stopp unserer Tour. Der Sommerpalast der Zarenfamilie, und damit Katharina der Großen, im Zarendorf, wo auch Alexander Pushkin gewohnt hat.

Der Prunk vom Sommerpalast steht dem vom Winterpalast (Eremitage- Museum) in nichts nach. Riesige Ballsäle, für die man solche peinlichen Schuhüberzieher tragen musste, damit die Böden nicht beschädigt werden, Seidentapeten, kunstvolle Gemälde an den Decken, Kronleuchter...
Ich fand diesen Teppich total beeindruckend. So riesig und bunt... ihn herzustellen muss Jahre gedauert haben.
Würde Katharina die Große heute leben, würde sie das sein, was man ein It- Girl nennt. Sie hat jedes ihrer Kleider nur ein Mal getragen, einmal vielen bei einem Brand 4000 davon dem Feuer zum Opfer, aber bei ihrem Tod zählte man 50 000 Kleider in Katharinas Besitz. Sie liebte den Luxus. Ziemlich vermessen für die Zeit, in der sie gelebt hat... nur falls man meine Meinung hören will.
Auf dem Bild sieht man eine ihrer Roben und auf dem Gemälde an der Wand, trägt sie diese sogar gerade.
Der meterhohe, verzierte Kamin der da
zu sehen ist, ist übrigens aus Keramik. Die sind in jedem Zimmer in der Anzahl, wie heute Heizkörper.

Und dann kam das weltberühmte Bernsteinzimmer. Das Original ist ja verschollen und es wird den Nazis nachgesagt, für sein Verschwinden verantwortlich zu sein. Es wurde jedenfalls nachgebildet. Sechs Tonnen Bernstein wurden hierfür verwendet. Eine enorme Menge, wenn man bedenkt, wie leicht Bernstein ist. 


Klar, im Vergleich dazu, wirkt die Seidentapete mickrig, aber ich wollte dieses Kunstwerk trotzdem posten.
 Wir haben alle solche Knöpfe ins Ohr bekommen, damit unser Museums- und Tourführer uns alles erklären konnte, ohne in der Gegend rumbrüllen zu müssen. Es waren wirklich viele Gruppen zur selben Zeit unterwegs, wie wir. Trotzdem sah es etwas dämlich aus ;) Aber eine gute Idee.














Danach haben wir uns noch den Palastgarten angesehen. In St. Petersburg und Umgebung ist es noch mindestens genau so kalt wie hier in Helsinki (3 C° und noch kälterer Wind), also ist noch nicht sonderlich was gewachsen.
Wir sind dann zurück zum Hotel, um die Koffer einzusammen und wir haben die Zeit genutzt, um noch die angepriesene Metro zu sehen. Das U- Bahnsystem ist übersichtlich, sodass die Schmuckstücke unter den Haltestellen leicht zu finden waren. Marmorhallen, Gemälde, Statuen, Kronleuchter und der gleichen haben die Metrohaltestellen natürlich deutlich von denen in Helsinki unterschieden. Es sieht wirklich aus, als wäre man in einem unterirdischen Palast. Die Metro ist außerdem die tiefste der Welt, habe ich gehört. Es braucht tatsächlich fünf Minuten bis man unten ist mit der Rolltreppe. Ein Eintritt in die Metro hat 28 Rubel gekostet- also weniger als 50 Cent. In der Reisegruppe war auch ein Mädchen, das ich im August im Sprachkurs kennen gelernt habe. Es waren viele aus meinem Wohnheim dabei, was ich gar nicht wusste. Ich habe Leute aus meinem Französisch- Kurs getroffen... Ich hab also unerwarteterweise echt viele Leute zumindest vom Sehen gekannt. Das war schon lustig. Dann gings wieder zurück zum Hotel, wo der Bus zum Hafen ab fuhr. Auf dem Weg dahin, es war mitten am Tag bei Sonnenschein, ist uns ein Typ zu Leibe gerückt, der ganz dicht hinter uns gelaufen ist und immer wie ein Verrückter geschrien und gebrüllt hat. Ich habe mir überlegt auf Englisch zurückzuschreien, aber das hätte er ja eh nicht verstanden. Also haben wir gemacht, dass wir zu unserem Hotel kamen. Sie warnen auch sehr vor Taschendieben in St. Petersburg.
Dann ging es wieder aufs Schiff, zurück nach Finnland. Wir saßen in einer Bar, haben was getrunken und entspannt. Jazz- Musik kann was wunderbares sein.

Jetzt wird hier erst mal noch fertigstudiert und dann gehts Mitte Mai noch mit Simon und zwei österreichischen Kolleginnen nach Kopenhagen. Man gönnt sich ja sonst nichts ;)

Meine Spanier und Italiener sind dann schon auf dem Heimweg...