Donnerstag, 29. Mai 2014

Das Ende

...naja, ganz so dramatisch ist es nicht ;) Und doch ist das weinende Auge irgendwie größer als das lachende. Natürlich freue ich mich auch auf Zuhause, aber dort wartet auch das anstrengende (und nebenbei wesentlich schwerer zu bewältigende) deutsche Jurastudium auf mich. Ich werde es so vermissen endlich wieder gute Noten zu haben, nicht immer die große Wahrscheinlichkeit des Durchfallens mit mir rumtragen zu müssen, nachdem man eine Hausarbeit oder Klausur abgegeben hat und ich werde es auch vermissen, keinen so unkomplizierten, gleichrangigen Draht zu meinen Lehrern zu haben.
Ich hoffe einfach das mit der Anrechnung meiner Leistungen hier verläuft unkompliziert an meiner Heimatuni.

Ich muss sagen, so im Nachhinein verstehe ich auch nicht, warum Helsinki ein unbeliebterer Erasmusort ist als Oslo oder Stockholm.
Das Argument: "Es ist dunkel und kalt" zieht nicht, weil das auf Norwegen und Schweden genauso zutrifft. Das akademische Niveou ist gut, man lernt was. Klar die Preise sind hoch, aber das sind sie in Norwegen und Schweden mindestens genau so. Und was in dieser Hinsicht durchaus für Finnland spricht: man muss kein Geld wechseln. Euro passt und man braucht keine Kronen, wo man ständig umrechnen muss.
Tja, aber am Ende muss ich sagen- ZUM GLÜCK ist Helsinki das Stiefkind unter den Nordlichtern, denn nur so konnte es unter die Restplätze kommen, aus denen ich mir meinen Erasmusort ausgesucht habe. Wäre Helsinki nicht gewesen, wäre es wohl Paryerasmus und Surfen in Oviedo geworden. Klar- auch nicht schlecht, aber vom Ruf her wird Erasmus in Spanien eher belächelt als ernstgenommen. Das liegt vielleicht daran, dass man als Austauschstudent an spanischen Unis groß "ERASMUS" auf seine Klausuren schreiben soll, weil man dann leichter gute Noten bekommt. ...Hab ich jedenfalls so gehört. Dagegen wird einem in Helsinki die gute Note nicht geschenkt und man muss schon etwas geschafft haben, um die begehrten besten Noten 4 und 5 zu bekommen.

Ich könnte hier jetzt noch seitenweise weiterschreiben, aber im Prinzip würde ich dann nur das wiederholen was man in 1000 Erfahrungsberichten nachlesen kann, die von den Heimatunis derer im Internet veröffentlicht wurden, die vor mir hier waren.

Als Linda, meine Mitbewohnerin, abreiste, war sie total trübselig und sie und eine Freundin hätten in der Metro sogar geweint. Und ja, wenn solch ein Erlebniss zu Ende geht, ist das traurig. Aber wäre es nicht viel trauriger, wenn wir jetzt total froh wären, weil wir endlich wieder nach Hause dürfen? Dann hätten wir wirklich einen Grund traurig zu sein, weil wir Erasmus nicht als abenteuerliche, unwiederbringliche Erfahrung genutzt hätten. Dann hätten wir irgendwas ganz gravierend falsch gemacht.
Aber wir waren in Lappland und haben mit dem Samen Visa nachts um vier bei uns in der Hütte gesessen und über Rehntiere philosophiert. Ich saß mit Linda auf dem Heimweg im Bus, und wir haben die detailierteren kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Italien ergründet. Und, wie es sich für jedes Abenteuer gehört, gab es auch Tiefs: wie so oft, wenn ich mal wieder meinen Studienplan neuordnen musste, weil er von irgendeinem Umstand durchkreuzt wurde. Oder der lange, kalte, dunkle Januar, wo ich zu viel Zeit mit mir selbst verbracht hab und ich die erste Winterdepression meines Lebens ausstehen durfte. Aber ohne diese Kälte hätten Simon und ich nicht auf die Insel kommen können, wo es sich so anfühlte, als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt. Der Schnee knietief, die Wellen gefroren, umfassten die Steine und brachen sich selbst in eisigem Zustand daran. Der Himmel ganz schwarz, am Horizont das Licht eines einsamen Schiffes und hinter uns das schwache, rote glühen der Stadt. Ohne die Kälte und Dunkelheit, die so viele von Erasmus in Helsinki abschreckt, ginge auch der ganze Zauber verloren. Dann kann man auch Zuhause bleiben. Sicher und ohne Abenteuer.

So wie Erasmus in Spanien die Sonne braucht, braucht Helsinki sie eben nicht.

Allzu bald geht es für mich wieder ins gewisse, vertraute Zuhause, daher ist das auch der letzte Post dieses Blogs.
Ich danke allen, die diesen Blog gelesen und sich für meine Zeit hier interessiert haben. Erasmus in Helsinki by Fabi ist damit offiziell beendet. 

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